Wenn Solarteure bei schönstem Wetter Anlagen auf Dächern montieren, denken die wenigsten an die kalten Monate mit gelegentlich erheblichem Schneefall. Auch wenn der Winter derzeit weit entfernt scheint, wird der nächste Schnee bestimmt kommen. Besonders in Süddeutschland sind viele Gebäude mit Schneefängen ausgestattet, deren Funktion jedoch oft durch die Montage von Photovoltaikanlagen beeinträchtigt wird. Im Fall unseres „Dachs des Monats“ bat uns eine Kundin als Gutachter um eine Stellungnahme zu genau einem solchen Problem.
Lage und Konstruktion
Bei dem Objekt handlet es sich um ein Wohn- und Geschäftshaus im Umkreis von München.
Die Solaranlage ist eine Aufdachanlage auf der Westseite eines zweistöckigen Gebäudes die in Richtung Straße und den dort befindlichen Parkplätzen zeigt. Das Dach hat ein Gefälle von ca. 25°.
Auf dem Ziegeldach sind 42 Module montiert, die auf einer horizontalen UK montiert sind, die auf Dachharken befestigt sind.
Gut und schlecht
In einem Geschäftsgebäude ist häufig auch tagsüber ein größerer Stromverbauch zu erwarten. Daher rechnen sich hier Photovoltaikanlagen, auch in Westausrichtung oft sehr gut. Bei dem Objekt wurde die maximale Flache belegt, bis an die Ränder, bis fast an den First und bis kurz vor dem Schneefang an der Traufe.
Durch die notwendige Unterkonstruktion liegt die Oberfläche der Module ca. 15 cm über den Dachzeigeln.
Am 1. und 2. Dezember 2023 kam es in Süddeutschland zu einem heftigen Wintereinbruch mit starkem Schneefall. Besonders betroffen war der Großraum München, wo nahezu 50 cm Neuschnee fielen. Dies führte zu erheblichen Schäden und einem kurzzeitigen vollständigen Zusammenbruch des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs.
Kurz darauf setzte Tauwetter ein, und am 6. Dezember kam es bei dem genannten Objekt zu einer Dachlawine. Dabei wurden mehrere vor dem Haus geparkte Autos beschädigt. In der Folge wurden wir gebeten, zu dieser Situation eine gutachterliche Stellungnahme abzugeben.
Ursache für den Schaden
Durch die höhere und glattere Gleitebene konnte der viele Schnee durch den vorhandenen Schneefang nicht mehr gehalten werden. Dadurch dass der Schnee viel höher gegen den Scheefang geschoben hat, und dadurch ein viel höheres Moment wirkte, wurde dieser komplett umgebogen. die Dachziegel im Bereich der Befestigungen sind alle gebrochen.
Wer haftet für den Schaden?
Letztlich dreht sich alles um die Frage des “Verschuldens oder Nichtverschuldens” bzw. höhere Gewalt.
Wenn es sich um höhere Gewalt handelt (ohne Verschulden), muss jeder Eigentümer sich entsprechend selbst absichern. Bei Autos bedeutet das, dass eine Teilkaskoversicherung notwendig ist, die ausdrücklich Dachlawinen abdeckt. Dies ist mittlerweile bei den meisten Versicherungen der Fall, jedoch nicht bei allen.
Verschulden läge vor, wenn zumindest die im Verkehr übliche Sorgfaltspflicht verletzt worden wäre. Beim Überstand der Photovoltaikanlage im Vergleich zum alten Schneefang gehe ich davon aus, dass dies der Fall ist. Allerdings bleibt fraglich, ob überhaupt eine Pflicht zum ordnungsgemäßen Schneefang besteht. Baurechtlich ist dies in Bayern nicht vorgeschrieben, Damit würde ggf. die Gebäudeversicherung argumentieren, um hier nicht zahlen zu müssen.
Da jedoch ein Schneefang vorhanden war, könnte man argumentieren, dass dieser aufgrund der bestehenden Gefahr installiert wurde (z.B. öffentlicher Grund). Wenn dieses Argument akzeptiert wird, wäre die Gebäudehaftpflichtversicherung zuständig.
Empfehlung
Wenn ein Schneefang vorhanden ist, hat dies in der Regel einen guten Grund. Wird seine Funktion durch eine neue Photovoltaikanlage beeinträchtigt, muss das damit verbundene Risiko sorgfältig abgewogen werden. Entstehen durch herabrutschenden Schnee mögliche Schäden, insbesondere an Dritten, sollte der Schneefang entsprechend erhöht werden. Fällt der Schnee hingegen nur in den Garten, kann möglicherweise auf eine Anpassung verzichtet werden.
